Dienstag, 18. März 2014

Diagonale 1.Tag: Psychedelische Museen in der österreichischen Kinowelt



Nach einer spannenden Anreise und der Abholung unserer Akkreditierungen haben wir (Patrick und Rainer) uns aufgemacht die Diagonale Eröffnung zu verfolgen. Dort gab es viel Dekadenz: Gefühlte 5 Couverts für ein Ticket, kostenloses Buffet in Massen und das Kunsthistorische Museum, das in „Das große Museum“ von Johannes Holzhausen die Hauptrolle spielt. In den Reden vor dem Film und auch in einem extra gezeigten Kurzfilm spielte vor allem die geplante Kürzung des Engagements des ORF im Bezug auf das Film/Fernsehabkommen die zentrale Rolle.

Wir werden die kommenden Tage jeden Abend einen Dialog führen über unserer Erlebnisse. Dieser Dialog beinhaltet Filmkritiken, Filmgelaber, Filmliebe und Abschweifungen gleichermaßen. Er ist einer Leidenschaft für das Kino gewidmet, dort wo sie zuhause sein sollte.



Patrick: Wie war es die Eröffnung in der ersten Reihe zu verfolgen?

Rainer: Surreal. Nicht nur erste Reihe, sondern auch ein schiefer Winkel führten zu einer psychedelischen Erfahrung. Ich bin mir nicht sicher, ob das dem Film geholfen oder geschadet hat. Mir wäre ein einstündiger Monolog von Georg Friedrich trotzdem lieber gewesen. Agree?

Patrick: Ja, das kann ich so unterschreiben. Er hat ja den Schauspieler-Preis dieses Jahr bekommen und dann eine Anti-Rede im breitesten österreichisch von sich gegeben, in der er nicht wusste wo Linz ist, wo Graz ist und sowieso allen Menschen dankte. Das war sehr gut. Der Film war dagegen sehr schwach. Ich kann nicht verstehen wie man einen Film über ein Museum machen kann, ohne dabei von Zeit zu sprechen.

Rainer: Habe ich anders empfunden. Der Film war hoffentlich nicht das Highlight des Festivals, aber grundsolide und äußerst effektiv in seinem Versuch die verstaubte Institution Kunsthistorisches Museum als lebendigen Organismus darzustellen. Formelle Strenge fehlte dem vielleicht, aber nicht jeder Film muss das Rad neu erfinden...

Patrick: Ja das mag stimmen, aber zum einen setzt für mich ein Eröffnungsfilm immer gewissermaßen den Ton. (Ja, ich weiß, dass sie das nie wirklich tun) Und zweitens und wichtiger ist aber, dass er für mich in diesem Bestreben nach Auflockerung lediglich auf billige Montagetricks zurückgreift, die zum einen immer wieder die Realität des tatsächlichen Arbeitens dort unterbrechen und zum anderen manipulativ verschmälern, um was es eigentlich geht: Die Arbeit, das Leben. Das alles transportiert sich für mich nicht, sondern nur eine Art Collage von Highlights, auf die der Regisseur gestoßen ist.

Rainer: So plump war es doch gar nicht. Er hat zwar Gags angeboten, sie aber recht unaufdringlich präsentiert. Manches war da ganz einfach lustig (Paul Frey und die Drei!), das notorische Lachen der zwei Damen hinter mir über alles und jeden zeugte aber von einem viel ärgeren Versäumnis aus Publikumssicht. Für mich war der wahre Verlierer dieser Vorstellung die österreichische Filmwelt. Im Vorhinein beklagt man sich über zu niedrige Kunstförderungen und dann zeigt man Null Kunstverständnis, sondern lacht die Akribie der Museumsangestellten aus. Wenn die österreichische Filmszene mit ähnlicher Sorgfalt vorgehen würde, gäbe es vielleicht ein paar mehr nennenswerte Filme in diesem Land!

Patrick: Also plump fand ich nicht nur die humorvollen Passagen, sondern auch und vielleicht mehr sogar, dass diese Sorgfalt, von der du sprichst ja vom Film selbst nicht angezeigt wurde. Die Szenen mit Restauratoren und Kuratoren waren voller Highlights und für meinen Blick sehr frei von tatsächlichem Alltag. Wenn etwas geputzt wurde, musste das entweder lustig sein (Penis) oder besonders (Kopf wird abgenommen etc) Zu deiner Publikumskritik im Verhältnis zur Filmförderung kann ich nur sagen, dass sie mir sehr kurzsichtig und gefährlich erscheint. Schließlich geht es bei dieser Art von Filmförderung um etwas ganz anderes, aber wahrscheinlich meinst du das ja auch nicht so.

Rainer: Ja, das war etwas hart ausgedrückt. Die Filmförderung ist natürlich wichtig. Sich aber gleich nach so einer selbstbewussten Präsentation wie sie von Barbara Pichler und auch Johannes Holzhausen kam, so zu blamieren ist unerhört. Man sollte meinen ein Saal voller Filmemacher und -journalisten geht mit gutem Beispiel voran aber wer sich z.B. im Filmmuseum so aufführt, wie mancher bei diesem Eröffnungsfilm, wird dort wahrscheinlich von seinem Sitznachbar aus dem Saal geworfen.

Patrick: Aber das ist auch typisch Festival. Da sind viele Menschen, die nicht gerne ins Kino gehen. Menschen, die fürs Kino arbeiten. Ich behaupte dennoch, dass der Zustand mancher Zuseher irrelevant ist. Der Film war unterer Durchschnitt. Über eine Szene würde ich mich noch gerne unterhalten. Da zeigt Holzhausen wie unsichtbar diese Arbeit ist, anhand eines kleinen Staubkorns oder Insekts, dass die Kamera kaum sieht. Dann schneidet er auf einen Mann vor einem Mikroskopbildschirm und wir sehen alles und dann auf den strengen Blick der Kaiserin. Das war Filmpolitik und das war Filmkunst. Für Sekunden.

Rainer: Das hast du schön gesagt. Ein würdiger Abschluss für den Tag.




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